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Buchrezension: „Was wir wollen“ von Meg Mason

Lesend

Ein Roman voller Selbstzweifel, Schmerz, Offenheit, Liebe und Hoffnung

Inhaltsangabe

Martha ist 40 und ihre Ehe am Ende. Wie es dazu gekommen ist, davon erzählt dieser Roman der gebürtigen Neuseeländerin Meg Mason. Die Protagonistin blickt zurück auf ihr bisheriges Leben und versucht, herauszufinden, warum sie sich immer „falsch“ gefühlt hat, seit sie denken kann, warum sie beruflich nicht das erreicht hat, was sie sich erträumt hat, warum sie nicht glücklich ist mit dem Mann, den sie liebt, und warum sie nicht wertschätzen kann, was sie hat.

Depressive Episoden begleiten sie ihr Leben lang, doch Therapien und Medikamente helfen nur temporär und ändern nichts an ihrer Situation. Fast schon findet sie sich damit ab, dass sie eben so ist, wie sie ist.

Bis sie irgendwann herausfindet, dass etwas ganz anderes die Ursache sein könnte. Doch auch diese Erkenntnis scheint anfangs nicht zu helfen, sondern wirkt zerstörerisch, und alles scheint verloren zu sein.

Mehrwert

Die ich-erzählende Protagonistin Martha entführt die Leserinnen und Leser in eine skurrile Familiensituation mit äußerst liebenswerten Charakteren. Da ist die über alles geliebte Schwester, mit der sie quasi symbiotisch verbunden ist, die alkoholkranke Mutter, der als Dichter erfolglose, aber fürsorgliche Vater, die Tante als Mutterersatz und der Freund ihres Cousins und jetzt Ehemann Patrick, der Martha immer schon geliebt hat.

Wir erhalten Einblick in das Leben der dauerhaft unzufriedenen und sich bemitleidenden Hauptfigur, die ihr Verhalten und die Ereignisse um sie herum stets mit scharfer Zunge und einer großen Portion Selbstironie kommentiert. Erst als sie herausfindet, dass sie nicht selbst verantwortlich ist für ihr Sosein und einem Familiengeheimnis auf die Spur kommt, erkennt sie die Chance zur Veränderung und das, was sie wirklich will.

Fazit

Es dauert ein wenig, bis der Einstieg in die zunächst etwas sperrig anmutende Sprache der Protagonistin gelingt, doch dann entwickelt sich gerade sie, stets gepaart mit einer scharfen Beobachtungsgabe, einem starken, intelligenten Wortwitz und sehr viel Ironie, fast schon Zynismus, zum herausragenden Merkmal dieses Romans.

Marthas Traurigkeit spiegelt sich in der verwendeten Sprache wider und nimmt die Leser mit in ihre Wahrnehmung der Welt. Und doch ist es ein Buch voller Liebe, Hoffnung und Menschlichkeit. Psychogramm, Familien- und Liebesgeschichte in einem mit Themen, die viele Frauen in der ersten Lebenshälfte beschäftigen.

Der respektvolle und sensibilisierende Umgang mit psychischen Erkrankungen ist erwähnenswert und wichtig; die Tatsache, dass bis zum Schluss die eigentliche Thematik ungenannt bleibt, schützt vor Stigmatisierung und ist sehr ungewöhnlich umgesetzt.

Trotz der anfangs erwähnten Örtlichkeiten in England war mir als Leserin eine ganze Weile nicht klar, dass es sich um einen ins Deutsche übersetzten Text handelt. Da die Sprachgewalt einen so außergewöhnlich bedeutenden Anteil in diesem Werk einnimmt, kann der Wert dieser herausragenden Übertragung von Literaturübersetzerin Yasemin Dinçer nicht genug herausgestellt werden.

Absolut lesenswert!

Angaben zum Buch

Meg Mason: Was wir wollen, ecco Verlag 2021, 429 Seiten.
Aus dem Englischen übersetzt von Yasemin Dinçer.

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